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Verfahren gegen Beschäftigte aus den Kliniken Oldenburg und Delmenhorst - Zusammenfassung Anklageschriften



Klinikum Oldenburg (4 Angeklagte):

Im Zeitraum von Juni 1999 bis zum Dezember 2002 war der gesondert verfolgte und verurteilte N. Högel als Krankenpfleger im Klinikum Oldenburg beschäftigt, davon bis zum 09.12.2001 auf der Station 211, der kardiochirurgischen Intensivstation, sodann, bis zu seinem faktischen Ausscheiden aus dem Klinikum Oldenburg am 23.09.2002, auf der Anästhesiestation. Während der Tätigkeit N. Högels auf der Station 211 war deren ärztlicher Leiter der Angeklagte D.. Der Angeklagte N. war Leiter des Bereichs Pflege auf der Station 211 und damit direkter Vorgesetzter N. Högels. Der Angeklagte M.-W. war während der gesamten Tätigkeit des N. Högel im Klinikum Oldenburg dessen Geschäftsführer. Die Angeklagte O. war Pflegedirektorin des Klinikums.

Alle vier genannten Angeklagten sollen laut Anklageschrift aufgrund ihrer jeweiligen Funktion verpflichtet gewesen sein, das Leben der Patienten auf der Station 211 bzw. im Bereich des gesamten Klinikums zu schützen.

Während seiner Tätigkeit auf der Station 211 soll N, Högel Patienten durch die nicht indizierte Beibringung von Medikamenten getötet haben.

Die Angeklagten sollen solche Taten des N. Högel spätestens seit Ende Oktober des Jahres 2001 für tatsächlich möglich gehalten haben. Sie sollen jedoch nicht eingeschritten sein und sollen die Begehung weiterer Taten auf der Station 211 billigend in Kauf genommen haben.

Der ehemalige Krankenpfleger Högel soll am 17.11.2001, am 20./21.11.2001 und am 26.11.2001 drei Patienten durch die nicht indizierte Vergabe von Medikamenten getötet haben.

Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklageschrift davon aus, dass diese Tötungen von den Angeklagten hätten verhindert werden können, namentlich durch die Information der Ermittlungsbehörden über die Verdachtslage gegen Niels Högel.

Die angeklagten Beschäftigten des Klinikums Oldenburg sollen spätestens Ende Oktober 2001 die von Niels Högel ausgehende Gefahr für die Patienten erkannt und sich mit den – wenn auch unerwünschten – Taten abgefunden haben.

Ihr Einschreiten soll aus Sorge um die Reputation der Station 211 und des Klinikums Oldenburg insgesamt unterblieben sein.


Klinikum Delmenhorst (3 Angeklagte):

Im Zeitraum 15.12.2002 bis zum 30.06.2005 war der gesondert verfolgte und verurteilte N. Högel als Pfleger auf der Intensivstation des Klinikums Delmenhorst tätig.

Der gesondert Verfolgte F. war im genannten Zeitraum Stationsleiter für den Bereich Pflege der Intensivstation, die Angeklagte W. war seine Stellvertreterin.

Bei den Angeklagten Sch. und K. handelte es sich um Oberärzte des Klinikums, wobei Patienten aus deren Abteilungen bei Bedarf auf die interdisziplinär arbeitende Intensivstation verlegt wurden.

Die genannten Angeklagten sollen laut Anklageschrift aufgrund ihrer jeweiligen Funktion verpflichtet gewesen sein, das Leben von Patienten zu schützen.

Während seiner Tätigkeit auf der Intensivstation soll N. Högel Patienten durch die nicht indizierte Beibringung der Medikamente Gilurytmal und Sotalex getötet bzw. dieses versucht haben.

Die Angeklagte W. soll solche Taten des N. Högel spätestens ab dem 09.05.2005 für tatsächlich möglich gehalten, jedoch nicht eingeschritten sein. Sie soll die Begehung weiterer Taten des ehemaligen Krankenpflegers N. Högel billigend in Kauf genommen haben.

Der ehemalige Krankenpfleger Högel soll hierdurch ungehindert am 22.05.2005 eine Patientin durch die nicht indizierte Gabe von Gilurytmal getötet haben.

N. Högel soll anschließend am 25.05.2005 und am 01.06.2005 Patienten Gilurytmal verabreicht haben, ohne dass dieses indiziert war.

Beide Patienten verstarben letztendlich, wobei es sich bei der Tat am 01.06.2005 nicht feststellen ließ, ob der Patient an der nicht indizierten Medikamentengabe verstarb.

Am 06.06.2005 soll N. Högel auf der Intensivstation des Klinikums Delmenhorst einem Patienten ebenfalls Gilurytmal verabreicht haben, obwohl dieses nicht indiziert war. Der Patient soll erfolgreich reanimiert worden sein. Er verstarb letztlich am 23.06.2005. Anlässlich dieser Tat soll N. Högel von zwei Kollegen quasi auf frischer Tat ertappt worden sein.

Ab dem 23.06.2005 sollen auch die Angeklagten Sch. und K. über den Verdacht gegen N. Högel derart informiert gewesen sein, dass auch sie entsprechende Taten, d.h. Tötungen von Patienten durch ihn, für möglich hielten. Auch sie sollen nicht eingeschritten sein und sollen die Begehung weiterer Taten billigend in Kauf genommen haben.

Die Vorgenannten sollen entschieden haben, dass N. Högel zwei weitere Dienste versehen konnte, bis er sodann am 24.06.2005 nach Ableistung des Spätdienstes einen geplanten Urlaub antrat.

Am 24.06.2005 soll N. Högel einer Patientin das Medikament Sotalex verabreicht haben, woraufhin die Patientin trotz Reanimationsbemühungen verstarb.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Unterlassen des Einschreitens in der Sorge um die Reputation der Klinik und aus Angst sich dem Vorwurf des „Mobbings“ und der falschen Verdächtigung auszusetzen, geschehen sei.

Artikel-Informationen

erstellt am:
17.02.2022

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